strukturell.fragil 2009
Zu den Arbeiten von Szilvia Ortlieb
Die in Székesfehérvár geborene Ungarin Szilvia Ortlieb lebt und arbeitet heute im niederösterreichischen Tulln, wo sie sich ihr künstlerisches Refugium aufgebaut hat. Konsequent hat sich die Künstlerin in den vergangenen Jahren ihre ganz persönliche künstlerische Formensprache erarbeitet und von allem, was der Keramik an „Gebrauchsartigem“ anhaftet, weit entfernt. So könnte man sagen, dass sich die Keramikerin Szilvia Ortlieb schon lange zur Bildhauerin entwickelt hat, deren Material rein zufällig das Porzellan ist.
Aus Szilvia Ortliebs Werken wäre die Serie „rhythmischer Wechsel zwischen Raumgrößen und Raumtiefen“ besonders hervorzuheben. Eine Serie von Porzellangittern in Blau und Weiß beschäftigt sich formal mit dem Wechselspiel zwischen Kreis und Quadrat, Linie und Gitter. Inhaltlich geht es in dieser Werkgruppe, wie so oft bei Szilvia Ortlieb, um die Beschäftigung mit bildhauereiimmanenten Fragestellungen nach Struktur und Raum, Zeit und Licht.
Ebenso bestechen Szilvia Ortliebs blockartige Skulpturen mit dem Titel „80 Blatt glatt DIN A4“ oder „70 Blatt glatt DIN A5“, die seit kurzem in die Sammlung des Niederösterreichischen Landesmuseums aufgenommen wurden, durch Präzision gepaart mit Witz und Ironie. Stapel aus feinen, in Porzellan getauchten Blättern Papier, wurden übereinander zu eindrucksvollen Blöcken geschlichtet. Als solches handelt es sich um ein überzeugendes Statement zur zeitgenössischen Bildhauerei, das die Begriffe „strukturell“ und „fragil“ in sich vereinigt, ohne vordergründig dekorativ zu wirken.
Letztlich erfordert die Arbeit mit Porzellan viel Geduld, und kann so auch als Plädoyer für die Langsamkeit in unserer schnelllebigen Zeit gesehen werden.
2009, Judith.P.Fischer, Bildhauerin und Kuratorin